Projektergebnisse
Allgemeines
„Schaum an der Raab“ war zu Beginn des Jahrtausends ein großes Problem im Raum Szentgotthárd in Ungarn nahe der österreichischen Grenze. Um dieses Problem zu beseitigen, wurden auf österreichischer und ungarischer Seite zahlreiche Projekte und Maßnahmen umgesetzt (z.B. Raab-Aktionsprogramm, OPENWEHR). Die Maßnahmen wirken sich auf den gesamten Längsverlauf der Raab aus, weshalb gemeinsame Untersuchungen auf ungarischer und österreichischer Seite notwendig waren.
Im Rahmen der beiden Raab Surveys 2008 und 2009 wurden bereits gemeinsame Untersuchungsprogramme an der Raab und ihren Zubringern durchgeführt, um den ökologischen und chemischen Zustand der Raab zu erfassen und zu bewerten.
Mit dem gegenständlichen Projekt RaabSTAT wurde eine weitere gemeinsame Erhebung entlang der Raab realisiert mit dem Hauptziel, die aktuellen Schadstoffbelastungen und den ökologischen Zustand zu überprüfen und zu beurteilen, ob die Auswirkungen der in den letzten 10 Jahren gesetzten Maßnahmen die Situation verbessert haben. Die Ergebnisse des Projektes sollen somit als Grundlage für weitere mögliche bilateral vereinbarte Maßnahmen dienen.
Die aktuelle Erhebung basiert auf den beiden früheren gemeinsamen Untersuchungsprogrammen und lässt sich in physikalisch-chemische und biologische Untersuchungen unterscheiden, die im Wesentlichen unabhängig voneinander durchgeführt wurden, deren Ergebnisse aber eng miteinander verknüpft sind.
Die gesamte Feldarbeit wurde im Herbst 2019 von nationalen ExpertInnen auf ihrem jeweiligen Territorium in Österreich und Ungarn abgeschlossen. Sowohl für die chemischen als auch für die biologischen Untersuchungen wurden von nationalen ExpertInnen gemeinsame Probenahmen an ausgewählten Standorten durchgeführt, um die jeweiligen Analysen trotz unterschiedlicher Analyse- oder Bewertungsmethoden vergleichen zu können.
Chemie
Im Rahmen des Projekts RaabSTAT wurden 51 Proben entlang der Raab und ihrer Zubringer genommen, beginnend bei Arzberg in Österreich bis zur Probennahmestelle in Győr in Ungarn, wo die Raab kurz darauf in die Mosoni-Donau mündet. In Österreich wurden 12 Fließgewässerproben aus der Raab und 1 aus dem Zufbringer Lafnitz entnommen, die kurz nach der österreichisch-ungarischen Grenze in die Raab mündet. In Ungarn wurden 10 Fließgewässerproben aus der Raab und 5 aus den Zubringern Lafnitz, Pinka, Sorok-Perint, Rabnitz und Marcal entnommen. Die Probenahmestellen der Zufbringer wurden in der Nähe ihres Zusammenflusses mit der Raab festgelegt.
Zusätzlich zu den Oberflächengewässern wurden 23 Kläranlagen entlang des gesamten Abschnitts der Raab beprobt, wobei sich 7 kommunale und 7 industrielle Kläranlagen in Österreich, 6 kommunale und 3 industrielle Kläranlagen in Ungarn befinden.
Die in Österreich gelegenen Probenahmestellen wurden von österreichischen ExpertInnen beprobt, die Probenahme in Ungarn wurde von ungarischen ExpertInnen durchgeführt. An der österreichischen Fließgewässermessstelle in Neumarkt an der Raab wurden von Probenahmeteams aus beiden Ländern aus Gründen der Qualitätssicherung Proben gezogen.
Die Probenahmestellen und die Probenahmestrategie mittels Stichproben waren dieselben wie im Raab Survey 2009, was einen Vergleich der aktuellen Ergebnisse mit jenen, die zehn Jahre zuvor erzielt wurden, ermöglichte. Aufgrund der völlig unterschiedlichen hydrologischen Verhältnisse zwischen den beiden Momentaufnahmen 2009 und 2019 (Abfluss der Raab im Jahr 2019 im Bereich des mittleren jährlichen Niederwassers einer Langzeitreihe und bis zu 6-mal höher im Jahr 2009) muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass die gemessenen Konzentrationen im Fluss keinesfalls ohne diese Einschränkung miteinander verglichen werden dürfen.
Generell sind hohe Natrium-, Chlorid- und Sulfateinträge hauptsächlich auf Einträge aus Lederfabriken zurückzuführen, in denen gesalzene Häute verarbeitet werden. Insgesamt gibt es bei den Emissionsmengen für diese anorganischen Ionen zwischen den beiden Momentaufnahmen der Untersuchungen von 2009 und 2019 keine großen Unterschiede.
Die Werte der Oberflächenspannung der Immissionsproben lagen in der Untersuchung 2019 im gleichen Bereich wie im Raab Survey 2009, bei den Einleitern sind jedoch die deutlich besseren Werte in Einleitungen der Lederfabriken im Vergleich zum Raab Survey 2009 erwähnenswert.
Für organische Schadstoffe, wie gelöster organischer Kohlenstoff (DOC), biochemischer Sauerstoffbedarf (BSB5) und chemischer Sauerstoffbedarf (CSB) konnte eine signifikante Reduktion der Emissionen aus Punktquellen zwischen den Stichproben aus den Jahren 2009 und 2019 festgestellt werden. Während die Emissionensmengen der kommunalen Kläranlagen mehr oder weniger unverändert waren, sind die Verringerungen der organischen Schadstofffrachten vor allem auf eine deutliche Verringerung der Einleitungen der drei Lederfabriken zurückzuführen.
Die Immissionskonzentrationen der Nährstoffparameter lagen in den gleichen Konzentrationsbereichen wie in der Studie von 2009, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Raab während der gegenständlichen Studie eine deutlich geringere Wasserführung und damit ein signifikant geringeres Verdünnungspotential aufwies. Die Konzentrationskurven unterstreichen, dass kein signifikanter Einfluss der untersuchten Emissionen aus Punktquellen auf die Immissionskonzentrationen der jeweiligen Nährstoffparameter erkennbar ist.
Die Schwermetallkonzentrationen sind in der Raab nach wie vor sehr gering, allerdings waren in den Proben der Zubringer einige Metalle in bemerkenswert hoher Konzentration vorhanden, was alarmierend ist.
Auch bei den synthetischen Schadstoffen wurden durchwegs geringe Konzentrationen gemessen. Bei den meisten Proben lagen die Ergebnisse unterhalb der jeweiligen Nachweisgrenze. Einzig das hoch persistente 1,5-Naphthalindisulfonat und Bisphenol A wurden in allen Proben der Raab von der ersten Lederfabrik in Österreich bis Győr gefunden.
Bezüglich der Gruppenparameter wurden für anionische Tenside in den Proben der Raabhöhere Konzentrationen als 2009 gemessen, während die AOX Konzentration im Vergleich zu 2009 abnahm.
Biologie
Ziel der biologischen Untersuchungen im Projekt RaabSTAT war eine Bewertung des ökologischen Zustands der Raab von ihrem Oberlauf in Österreich bis zur Mündung in die Donau in Ungarn. Zur Beurteilung des ökologischen Zustands auf Grundlage der biologischen Qualitätselemente Phytobenthos (PHB) und Makrozoobenthos (MZB) wurden am 18. und 19. September 2019 insgesamt 22 Messstellen an den Flüssen Raab und Lafnitz untersucht. Die Beurteilung des ökologischen Zustands für das Qualitätselement Fische basierte ausschließlich auf Daten aus früheren Erhebungen.
Eine gemeinsame Bewertung der Raab auf der Grundlage von PHB und MZB ergab den mäßigen ökologischen Zustand bei Arzberg. Von Mitterdorf bis Takern befand sich der Fluss im guten ökologischen Zustand. Die Raab von Gniebing bis zur Staatsgrenze sowie die Lafnitz in Eltendorf wiesen eine Abweichung vom Zielzustand gemäß Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) auf. Innerhalb des Qualitätselements PHB zeigten die Kieselalgen entlang des österreichischen Verlaufs der Raab eine Tendenz zu steigenden Nährstoff-einträgen. Ab Takern stromabwärts nahm die trophische Belastung zu, was zu einem Wechsel vom guten zum mäßigen ökologischen Zustand führte. Im Fall des MZB erfüllte der Saprobienindex an fast allen Standorten die Ziele der WRRL, nur die Untersuchungsstelle Mogersdorf zeigte eine Abweichung vom guten Zustand. Von Gniebing flussabwärts bis zur Staatsgrenze wies die Raab anthropogene Beeinträchtigungen auf (strukturelle Defizite, hydrologische Veränderungen). Für das Qualitätselement Fische ergab die Mehrzahl der Erhebungen für die Raab den mäßigen bis guten ökologischen Zustand. Die Abweichung vom Zielzustand gemäß WRRL im rhithralen Ober- und Mittellauf lässt sich plausibel mit den hydrologischen Beeinträchtigungen in Verbindung bringen. Im Abschnitt Potamal wurde nur ein Standort als mäßig, alle anderen als gut bewertet. Der Standort Lafnitz wies ebenfalls den guten ökologischen Zustand auf.
Die gemeinsame Bewertung der drei biologischen Qualitätselemente PHB, MZB und Fische ergab in Ungarn nach dem "one out - all out"-Prinzip für den gesamten ungarischen Verlauf der Raab und Lafnitz die mäßige Zustandsklasse. In den meisten Fällen waren die Kieselalgen der Grund für diese Bewertung. Das PHB wies die schlechtesten Bewertungsergebnisse auf, was auf einen klaren Einfluss von punktuellen und diffusen Nährstoffquellen hinweist. Die Ergebnisse der Erhebungen im Jahr 2019 deuteten darauf hin, dass sich der obere Abschnitt (Grenze zwischen Sárvár) der Raab nach Angaben der Qualitätselemente MZB und Fische im guten ökologischen Zustand befand, während der Abschnitt zwischen Uraiújfalu und der Mündung in die Mosoni-Donau im mäßigen ökologischen Zustand war. Bei den Fischen erbrachten die Maßnahmen zur Verbesserung der hydromorphologischen Verhältnisse in den oberen Abschnitten positive Ergebnisse. Die MZB-Ergebnisse im ungarischen Teil der Raab zeigten, dass die hohe Strukturvielfalt in den oberen Flussabschnitten bessere Lebensraumbedingungen bot als die unteren, regulierten Flussabschnitte zwischen den Staudämmen. Auch die Ergebnisse der Kieselalgen (die auf Nährstoffeinflüsse hindeuten) indizierten, dass das Gewässer fast im gesamten ungarischen Abschnitt den mäßigen ökologischen Zustand aufwies.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Maßnahmen zur Verbesserung des ökologischen Zustands in der Raab in den letzten Jahren positive Auswirkungen hatten, obwohl der gute ökologische Zustand noch nicht an allen Untersuchungsstandorten erreicht wurde.
Schlussfolgerungen
Der Auslöser für die außergewöhnlich dichten Untersuchungsprogramme an der Raab waren Beobachtungen von Schaumbildungen im Bereich des Wehres in Szentgotthárd um die Jahrtausendwende. RaabSTAT ist der Eckpfeiler einer Reihe von Studien zur Erfassung der Frachten an der Raab. Im gegenständlichen Projekt wurde keine Schaumbildung beobachtet, was durch eine deutliche Verbesserung der Oberflächenspannung bei den Emissionen der Lederfabriken bestätigt wurde.
Die erzielten Ergebnisse zeigen, dass das Raab-Aktionsprogramm erfolgreich war, die Belastung der Raab nahm für mehrere Parameter ab.
Die hohe natürliche Variabilität der Raab kann eine mögliche Verbesserung der saprobiellen Situation überdecken, die als Folge der seitens der lederverarbeitenden Betriebe gesetzten Maßnahmen zu erwarten wäre.
Betrachtet man nur den Saprobienindex, der für das RaabSTAT-Projekt wichtiger ist als die multimetrischen Indizes MM1 und MM2, befinden sich die meisten Standorte im guten Zustand.
In den letzten Jahren haben sich die Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität positiv ausgewirkt. Die Ergebnisse der Untersuchungen im Rahmen des Projektes RaabSTAT zeigten aber auch, dass noch nicht alle Wasserkörper der Raab den Zielzustand erreicht haben. Um feststellen zu können, ob und welche ergänzenden Maßnahmen allenfalls noch erforderlich wären, wird in bilateraler Abstimmung eine solide Datengrundlage zu schaffen sein, die langfristig die korrekte Einschätzung von allfälligen Defiziten möglich macht.